Wenn eines der wesentlichen Charakteristika des Humanismus der Renaissance ein literarisches Wetteifern mit dem Vorbild der großen antiken Autoren ist, das sich im deutlichen Bewußtsein der zeitlichen Distanz zur Antike vollzieht, so ist die Africa von Francesco Petrarca ein exemplarisches Werk der Epoche. Dieses unvollendete, hier erstmals in deutscher Übersetzung vorliegende Epos in neun Büchern, erzählt in lateinischen Hexametern vom Kampf zwischen Rom und Karthago, zwischen Scipio Africanus und Hannibal im Zweiten Punischen Krieg. Petrarcas hohes Ziel, es Vergils Epos "Aeneis" gleichzutun, dieses Werk sogar an dichterischem Weltruhm zu übertreffen, steht dabei in Zwiespalt mit dem christlichen Bewusstsein um die prekäre Moral eines Eifers, der sich innerweltliche Grenzen setzt. So zeichnet sich in diesem Epos eine Problematik ab, die für Petrarcas eigenes Werk von zentraler Bedeutung ist und darüber hinaus epochale Relevanz hat.
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Am 7. März 1277 veröffentlichte der Bischof von Paris, Etienne Tempier, 219 von ihm zusammengestellte Thesen; in der Vorbemerkung schrieb er: "Wir exkommunizieren alle, die die genannten Irrlehren oder eine von ihnen lehren oder die sich ausnehmen, sie zu verteidigen oder irgendwie aufrechtzuerhalten, ebenso ihre Hörer." Tempier gelang es mit seinen Thesen, eine Philosophie, die einen tätigen Zusammenhang zwischen Vernunft und irdischer Glückseligkeit herzustellen versuchte, für zwei Jahrzehnte in Paris (nicht aber an anderen Orten) zum Schweigen zu bringen. Thema von Kurt Flaschs erster Übersetzung der Thesen ins Deutsche sowie ihrer ausführlichen Kommentierung ist jedoch nicht der ewige Kampf des Glaubens mit dem Unglauben oder der Aufklärung mit ihren Feinden, sondern der kontingente Zusammenstoß eines pflichtbewussten Bischofs mit einer Gruppe von Neuerern auf dem Hintergrund eines Konflikts kontingenter Vernunftkonzepte. "Mit der Berufung auf die "Aufklärung" an sich versucht man, die Macht eines unaufhaltsamen historischen Prozesses auf seine Seite zu bringen, das Recht des Lichts gegen die Finsternis. Je weiter man aber in die Geschichte des Denkens zurückblickt, desto undeutlicher werden die Konturen, desto genauer muss man hinhören, weil die Argumente immer leiser klingen. Flaschs glänzendes Buch ist eine Schule solchen Hinhörens." (Gustav Seibt, FAZ)
;Aus dem reichen Spektrum der von Stefan George (1868-1933) meisterhaft beherrschten poetischen Formen haben Ute Oelmann und Wolfgang Braungart vierzig Gedichte ausgewählt und stellen sie in pointierten Deutungen vor. Sie wollen dazu einladen, einen Dichter wiederzuentdecken, der bis heute polarisiert wie kaum einer sonst und doch zu den größten Lyrikern deutscher Sprache zählt.
;Das wohl wirkmächtigste Dokument in der Entwicklung der Gnadenlehre ist die radikale Schrift, die der große Kirchenvater Augustinus im Jahre 397 unter dem Titel De diversis quaestionibus ad Simplicianum vorgelegt hat. Kurt Flasch hat diesen Schlüsseltext Alteuropas 1990 zum ersten Mal in der DVB in deutscher Sprache herausgegeben und kommentiert. Dieses nunmehr in 3. Auflage erscheinende Taschenbuch hat seit seiner Erstveröffentlichung eine lebhafte religionskritische Debatte befördert.
;Von Gérard de Nervals (1808-1855) romantischer Liebeserzählung >Sylvie< aus dem Jahr 1853 war Umberto Eco als 20-Jähriger, wie er sagte, »erschüttert«. 45 Jahre lang hat er diese kaum vierzig Seiten lange Erzählung immer wieder gelesen, um sich und anderen zu erklären, wie sie stets aufs Neue eine magische Wirkung auf ihn ausüben konnte. Zuvor war schon Marcel Proust auf den einzigartigen Charakter dieses Textes aufmerksam geworden. Er beschrieb ihn als ein »Bild von irrealer Farbe« mit einer Atmosphäre, die zwischen den Worten liege »wie der Nebel eines Morgens in Chantilly«, als »Traum eines Traumes«, in dem man immer wieder die Orientierung verliert. Die vorliegende Ausgabe gibt Leserinnen und Lesern alles an die Hand, damit sie diese fesselnde Lektüre selbst erleben können: den französischen Text und die deutsche Neuübersetzung, sorgfältige biographische, historische Erläuterungen und Hinweise zur Übersetzung sowie die spannende, grundlegende Analyse Umberto Ecos.
;Roland Barthes gehört zum Kreis jener Schriftsteller, die federführend über das Verhältnis von Schrift und Zeichen, Text, Kommunikation und Autorschaft nachgedacht haben. In seinem berühmten Essay "Variations sur l'écriture" (1973) beleuchtet Barthes das Thema Schrift in all seiner Vielfältigkeit seit dem Auftauchen der frühesten Formen von Linearschriften. Die Zugänge seines kritischen Diskurses sind dabei ganz verschieden: anthropologisch, psychologosch, linguistisch, soziologisch, poetologisch. Immanent ist den "Variations" Barthes' Produktionsästhetik, die das lustvolle Spiel zwischen Körper und Schrift zelebriert. So nimmt es nicht wunder, dass de zu Lebzeiten des Autors unpublizierte Essay, der hier erstmals in deutscher Übersetzung erscheint, in der kurzen Zeitspanne seit seiner Veröffentlichung in Frankreich (2002) zu einem Kulttext wurde für viele, die sich der Existenz des Schriftstellers "verschrieben" haben. Im Nachwort erläutert Hanns-Josef Ortheil, der zu den bedeutenden Autoren der deutschen Gegenwartsliteratur zählt, die Stellung des Textes in Barthes' Gesamtwerk und seine grundlegende Bedeutung für die moderne Schrift- und Texttheorie.
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